Die Schweigepflicht ist allgemein gültig, d.h. sie bezieht sich nicht auf bestimmte Personengruppen. Dies gilt auch bei Familienmitgliedern oder Ehepartnern. Der behandelnde Arzt darf Informationen über den Patienten nicht an diese weitergeben, außer er wurde davon offiziell entbunden, z.B. bei Pflege von Angehörigen. Hier gelten Aufnahmen, z.B. falls der Patient nicht mehr im Stande ist, sich um sich selbst zu kümmern (z. B. bei Demenz). Möchte man eine Bevormundung oder Besprechung der Krankenlage durch Familienmitglieder oder den Ehepartner verhindern (z. B. durch Unfall oder im Alter), kann frühzeitig eine Vorsorgevollmacht (notariell) abgeschlossen werden, die im Notfall alles regelt. Liegt ein Patient beispielsweise im Koma und es werden Entscheidungen benötigt, kann der Arzt von einem mutmaßlichen Einverständnis ausgehen und die Angehörigen informieren.
Die Behandlung bei Kindern bis zum 15. Lebensjahr fällt ebenfalls nicht unter die Schweigepflicht. Die Eltern als Erziehungsberechtigte (oder ein gesetzlich bestellter Betreuer) werden daher bis zu diesem Zeitpunkt informiert und dürfen über die Behandlung des Kindes mitbestimmen. Der Arzt hat in diesem Fall das Recht die Eltern über den Gesundheitszustand zu informieren. Ab dem 15. Lebensjahr (teilweise findet sich auch die Angabe ab dem 16. Lebensjahr) kommt es auf dein Einzelfall und die Bewertung des Arztes an, ob dieser die ihm zugetragenen Information für sich behält oder die Eltern informieren möchte. Hierbei kommt es zum einen auf die Reife des Jugendlichen an, ob dieser in der Lage ist, seinen Gesundheitszustand richtig einzuschätzen (Einsichtsfähigkeit), zum anderen auf die Einschätzung des Arztes in dieser Situation. Eine klare Gesetzesregelung gibt es hier nicht. Liegt die Gefahr einer Kindeswohlgefährdung vor, so darf bei hinreichendem Verdacht die Schweigepflicht gebrochen werden und Polizei oder Jugendamt informiert werden.
In Bezug zum Arbeitgeber hat der Arzt eine Schweigepflicht, was die eigentliche Krankheit betrifft. Lediglich die Dauer der Krankmeldung muss der Arzt dem Arbeitgeber übermitteln. Liegt eine Krankmeldung von einem Facharzt (mit Name, Fachrichtung und Stempel) und der Patient möchte nicht, dass diese Information an den Arbeitgeber gelangt (z.B. bei psychischen Krankheiten), so kann der Patient die Krankmeldung immer vom Hausarzt umschreiben lassen. Das bedeutet, dass der Hausarzt die Krankschreibung neu stellt mit der gleichen Anzahl der krankgeschriebenen Arbeitstage, jedoch macht der Hausarzt (üblicherweise ein Allgemeinmediziner) dann seinen eigenen Stempel drunter. Der Arbeitgeber weiß daher nicht, ob eine spezielle Fachrichtung vorliegt. Die Krankmeldung mit Diagnoseschlüssel ist immer für die Krankenkasse bestimmt. Diese zahlt bei Krankmeldungen über 6 Wochen dann den Lohnausgleich und sollte daher immer abgegeben werden. Eine Diagnose geht den Arbeitgeber nichts an. Sollte der Arbeitgeber nachfragen, darf die Antwort höflich ausgeschlagen oder eine kleine Notlüge zu Hilfe genommen werden.
Die ärztliche Schweigepflicht besteht auch gegenüber der Polizei, außer es wird konkret ein Verbrechen geplant. Wird eine Straftat bekannt, so hat der behandelnde Arzt ein Zeugnisverweigerungsrecht. Er darf das Arztgeheimnis nicht brechen, um bei der Aufklärung der Straftat zu helfen. Eine Ausnahme ist jedoch gegeben, wenn diese Meldung eine weitere Tat oder eine konkrete Gefahr verhindern würde. Dann ist in der Regel gemäß Paragraph 34 StGB ein „rechtfertigender Notstand“ gegeben, welcher ein solches Verhalten rechtfertigt. Eine Tat beinhaltet sowohl die Eigengefährdung (Suizid) oder eine Fremdgewährdung (z. B. Gewalt gegen Dritte). Was ein „rechtfertigender Notstand“ ist, kommt jedoch auch auf den Einzelfall an. Zur Abwehr von Gefahren, Verfolgung von Straftaten oder Auffindung von Vermissten darf die zuständige Behörde Auskunft aus diesem Verzeichnis verlangen. Ob dieser stattgegeben wird, ist zu prüfen.
Die Schweigepflicht gilt auch in Arztpraxen/ Krankenhäuser. Hier wird häufig zwischen den Patienten auch um einen Diskretionsabstand gebeten. Ärzte dürfen untereinander nur allgemeingehaltene Sachverhalte besprechen, wobei die Identität des Patienten geheim gehalten werden muss. Die Schweigepflicht gilt auch für Arzthelfer/innen/ Pfleger, auch in Gesprächen untereinander. Sie hat ebenfalls auf Diskretion zwischen den Patienten im Wartebereich zu achten. Vertraulichkeit sollte hier ernst genommen werden. Weiterhin ist es möglich, die Schweigepflicht unter Ärzten zu brechen, wenn der Patient seinem Arzt erlaubt, die Meinung eines Kollegen hinzuzuziehen.
Wird eine Praxis an einen anderen Arzt übergeben, z. B. durch eine Rentennachfolge, so muss die schriftliche Genehmigung des Patienten eingeholt werden, dass auch die Patientenakte übertragen werden darf. Die Weitergabe der Patientenakte an eine andere behandelnde Praxis (z. B. bei Wechsel) muss ebenfalls schriftlich durch den Patienten genehmigt werden.
Es gibt jedoch z.B. Krankheiten, die meldepflichtig sind. Hierbei muss der Arzt gesetzlich eine Meldung machen und ist damit automatisch von der Schweigepflicht entbunden.
Zusätzlich hat der Arzt die Pflicht Daten an die kassen-ärztliche Vereinigung und die gesetzlichen Krankenkassen zu übermitteln. Diese Erfolgt jedoch nicht in Details, sondern in einer ICD-10 Verschlüsselung. Dies dient der Abrechnung der angefallenen Behandlungskosten. Einzelne Anfragen, soweit sie nach dem Sozialgesetzbuch (z.B. § 275 SGB V) vorgesehen sind, u.a. Bericht für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen aufgrund Erstellung eines Gutachtens, Anfrage zur Zuständigkeit einer anderen Krankenkasse oder eines sonstigen Kostenträgers (z.B. Berufsgenossenschaft, private Zusatzversicherung), Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit, Wiedereingliederungsplan, sind ebenfalls zulässig, werden aber üblicherweise zuvor auch mit dem Patienten besprochen. Auch im Rahmen einer Therapie können Berichte an die Krankenkasse übermittelt werden. Hierzu klärt der behandelnde Therapeut üblicherweise im Vorfeld auf. Die Schweigepflicht gilt hingegen gegenüber privaten Versicherungsgesellschaften, private Verrechnungsstellen, Inkassobüros, Leistungsträger in der Sozialversicherung und allgemein gegenüber staatlichen behörden.
Trat ein Betriebsunfall auf (Verletzung bei einer Tätigkeit während der Arbeitszeit oder auf dem Arbeitsweg), so darf der Arzt die persönlichen Daten sowie Informationen über die Unfallbehandlung an die zuständige Berufsgenossenschaft (nicht der Arbeitgeber) weitergeben, da diese die Kosten trägt (statt der Krankenkasse).
Die Übermittlung von Patientendaten ist im Rahmen der Röntgenverordnung ebenfalls zulässig. Sie dient behördlichen Stellen, um unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden oder als Unterlagen für nachbehandelnde Ärzte. Röntgenstrahlen sind schädlich für den Körper und benötigen daher eine gewisse Kontrolle und Überwachung.
Im Falle einer Drogenabhängigkeit und damit folgend einer Ersatzbehandlung mit einem Betäubungsmittel (z. B. Methadon) muss dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet werden.
Eine weitere Ausnahme ist die Geburt eines Kindes. Hierbei ergeht eine mündliche Information über die Geburt, Wohnort und Staatsangehörigkeit der Eltern an einen Standesbeamten.
Verstöße gegen die ärztliche Schweigepflicht
Ein Verstoß gegen die Schweigepflicht durch den behandelnden Arzt ist eine Straftat (Paragraph 203 Strafgesetzbuch (StGB)) und kann entsprechend angezeigt werden. Hier drohen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen für den behandelnden Arzt.
Lässt sich ein behandelnder Arzt sogar bestechen um ein Arztgeheimnis Preis zu geben, handelt dieser mit Absicht, um anderen Schaden zuzufügen. Dies kann eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren mit sich ziehen.
Verstöße haben daher straf-, berufs- (durch die Ärztekammer) und zivilrechtliche Folgen (Schadensersatzansprüche durch den Patienten).
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Verschwiegenheitspflicht
https://www.anwalt.org/aerztliche-schweigepflicht/
https://kinderarzt-pocking.de/aerztl-schweigepflicht/
http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__203.html
https://www.forum-verlag.com/blog-gp/aerztliche-schweigepflicht
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__630a.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__34.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__139.html
https://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/40merkblaetter/10merkblaetter/schweigepflicht.pdf
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Wann-man-die-Schweigepflicht-brechen-darf-269656.html
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Kinderschutz-Wann-Aerzte-reden-duerfen-290583.html
https://www.dr-datenschutz.de/kindeswohlgefaehrdung-vs-datenschutz-zulaessige-datenweitergabe-an-jugendaemter/
https://www.recht-relaxed.de/WebS/RechtRelaxed/DE/KoerperSex/Patientenrechte/patientenrechte_node.html
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Ratgeber_Patientenrechte.pdf?__blob=publicationFile&v=23
https://www.aerzteblatt.de/archiv/63334/Ethik-in-der-Psychotherapie-Schweigepflicht-Unterschiedliche-Auslegungen
https://de.wikipedia.org/wiki/Beichtgeheimnis